Warum auch für UnternehmerInnen weniger mitunter mehr ist, berichten Monika Austaller, Ruth Fulterer und Leonie Sontheimer im Rahmen unserer Serie „Nach dem Wachstum“.
In weißen deckenhohen Regalen türmen sich in einem kleinen Laden in der Wiener Währingerstraße Stiefeletten, Sandalen und Halbschuhe in den zwei kleinen Räumen. Mitten drin ein einladendes grünes Sofa und Nicole Sofikis, die Besitzerin. Auf die Frage, ob es die schönen braunen Stiefeletten denn auch in Größe 39 gäbe, winkt sie ab. „Nein, die zu bestellen, macht erst im Frühling wieder Sinn.“ Und in anderen Filialen? „Gibt es nicht“, meint sie und fügt zwinkernd hinzu: „Ich bin Einzelkämpferin.“
Vor zwei Jahren hat die Unternehmerin das Geschäft übernommen, um unter dem Namen Goodshoes ausschließlich Schuhe, die umweltfreundlich und fair produziert werden, anzubieten. Ihre Wachstumsambitionen? „Keine! Für mich zum Leben soll es reichen.“
Vorurteil Wachstumswunsch. Oft bleibt Kritik am Wachstum abstrakt und auf der Makroebene. Viele sehen ein, dass das Bruttoinlandsprodukt kein geeigneter Maßstab für ein gutes Leben ist. Aber welche Rolle spielt Wachstum eigentlich für UnternehmerInnen? Ist Nicole Sofikis die Ausnahme?
Fritz Hinterberger bezweifelt das. Die Idee, dass Unternehmen normalerweise wachsen, sei ein „Vorurteil der Leute, die Wirtschaftsteile lesen.“ Hinterberger ist Geschäftsführer des Sustainable Europe Research Institutes (SERI) für Nachhaltigkeitsforschung in Wien, einem der wenigen offiziellen Post-Wachstums-Unternehmen. Er hat die Erfahrung gemacht, sein Unternehmen gesundschrumpfen zu müssen. Jahrelang war es gewachsen, größere Büros und mehr Management wurde notwendig. Dieser Weg war irgendwann nicht mehr tragbar.
Damit ist er nicht allein: Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung hat 700 kleine und mittelständische Unternehmen im deutschsprachigen Raum befragt und herausgefunden, dass für ein Drittel von ihnen Wachstum gar keine strategische Rolle spielt.
Gesellschaftlicher Druck. Doch UnternehmerInnen mit der Strategie „klein bleiben“ stoßen oft auf Unverständnis, erklärt Studienautorin Jana Gebauer: „In unserer Gesellschaft ist Wachstum ein Zeichen von Erfolg. Von florierenden Unternehmen wird erwartet, dass sie einen Stufe weiter gehen: Expandieren, mehr Menschen anstellen, Filialen eröffnen, den Umsatz steigern.“
Und noch schwieriger wird es, wenn finanzielle Zwänge dazukommen: Wachstum wird oft von externen Geldgebern wie Aktienbesitzern und Banken verlangt.
Das muss nicht so bleiben: In Bilanzen von Gemeinwohl-Unternehmen beispielsweise zählen auch soziale und ökologische Fortschritte: Nicht größer, sondern besser werden ist dann das Ziel, das GeldgeberInnen – und irgendwann vielleicht auch GesetzgeberInnen – honorieren.
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